So, es ist rum das Semester. Vergangenes Wochenende haben
wir unsere Prüfungen geschrieben und am Mittwochabend war dann Zeugnisübergabe
mit einem Abschlussdinner. Die Prüfungen liefen erwartungsgemäß gut und haben
dann auch ein entsprechend schönes Zeugnis hervorgebracht.
Somit geht jetzt ein sehr interessantes Semester hier in
China zu Ende. Es bleibt der Eindruck, dass sich hier in den letzten 20 Jahren
viel getan hat. Hochhäuser schießen wie Pilze aus dem Boden und manche werden
schon wieder abgerissen. Hier wird nicht mal ein Wolkenkratzer hingestellt,
sondern ganze Stadtteile. Dafür werden aber auch alte Stadtteile die „im Weg“
stehen einfach dem Erdboden gleich gemacht. Der Staub ist noch nicht verzogen
da stehen schon die ersten Brückenpfeiler zwischen dem Schutt. Ein irrsinniges
Tempo, dass aber auch seine Opfer fordert. Wie lange die Chinesen da alles so
mitmachen bleibt abzuwarten. Die Innenstädte sind meist recht neu oder
restauriert, wenn man aber in den Randbezirken unterwegs ist, ist es meist
verslumt. In den Reiseführern heißt das dann bisweilen Hutong, aber was es da
zu romantisieren gibt hab ich bisher noch nicht verstanden.
Bisher scheint es so als würden die Chinesen das so
mitmachen. Viele profitieren in kleinem Maße davon. Statt jetzt jeden Tag ums
Essen zu kämpfen stehe se an einer Rolltreppe in einem Supermarkt und warnen
die Kundschaft davor am Ende der Rolltreppe doch bitte das selbstständige
Laufen wieder aufzunehmen. Ist ja ganz nett, aber sobald der Erfolg nicht mehr
auf Basis des Wachstums Einzug erhält, man sich stattdessen im Konkurrenzkampf
wiederfindet ist der Job weg... Die Arbeitslosenquote unter graduierten
Studenten beträgt 25%, die Einstiegsgehälter sind niedrig. Auch nach Jahren
verdienen sie wesentlich schlechter als Facharbeiter oder auch gar nicht Ausgebildete.
Gleichzeitig hat China aber den Anspruch an sich, sich von der Werkstatt des
Westens zu einer innovativen Nation zu entwickeln. Naja, und das sind ja nur
banale Einzelpunkte.
Wenn man mit den Studenten hier redet, dann merken die auch,
dass es so nicht geht. Nach der Schule machen se ein Zugangsprüfung für die
Uni, den Gao Kao, und danach fällt dass Niveau so weit herab, das se nicht das
Gefühl haben, dass ihnen das Studium etwas bringt. Und wenn die Kommilitonen
dann nach dem Studium feststellen, dass sie keinen Job mit einem vernünftigen
Einkommen ergattern, die Familie überschuldet ist und Freunde/Bekannte, die
nicht studiert haben, deutlich mehr haben dann schürt das natürlich die Unzufriedenheit.
Zumal China ja gern propagiert, dass es hochqualifizierte Kräfte braucht um ein
innovatives Land zu werden und sich vom Dasein als verlängerte Werkbank zu
lösen. Was auch notwendig ist. Mittlerweile sind andere Länder preiswerter und
werden teilweise ja auch genutzt, Textilfabriken in Bangladesch oder Vietnam
z.B.
Naja, es hat sich schon viel getan hier, es tut sich gerade
viel, aber es bleibt auch noch viel zu tun. Einkommen, Absicherung,
Infrastruktur, Bildung, Menschenrechte. Mal abwarten wie sich das hier noch
entwickelt. Es bleibt spannend…
Es war auf jeden Fall ein sehr spannendes und interessantes
Semester. In ein paar Jahren geht es auf jeden Fall wieder mal nach China um zu
schauen wie es denn weitergegangen ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen